„Alles echt, keine Schauspieler, keine Tricks“ heißt es bei der Anmoderation der aktuellen EOFT in der Stadthalle in Kassel. So ist die nüchterne Erzählweise im Perspektivwechsel im Film „When We Were Knights“ ganz sicher genauso wenig gespielt wie die Fröhlichkeit der Besatzung in „Adventures Of The Dodo“. Auch wenn bei der diesjährigen EOFT die ganz große Action der vergangenen Jahre wie zum Beispiel massiv in Szene gesetzte MTB-Tricks oder -Touren oder spektakuläre Skiabenteuer fehlen, das tödliche Risiko nehmen alle Protagonisten in Kauf.

    Wie erläutert der flowbegeisterte Mountainbiker Harald Philipp in dem Film „Flow“ so schön: Innerhalb der Seifenblase ist die Komfortzone und wenn man nicht an die Ränder der Seifenblase kratzt, auch in dem Bewusstsein, dass sie platzen kann, bleibt man in seiner Welt gefangen. Manche riskieren außerhalb der Komfortzone ihr Leben, andere sind schon tot. Wie eben Ian Flanders. Nüchtern erzählt sein Freund von dem Bewusstsein, dass jeder Sprung der letzte sein könnte und dass man trotzdem viel erreicht hat, Grenzen verschoben hat, viel gelernt und erlebt hat und die Kamera war immer dabei. Auch um im Sponsoringgeschäft zu bleiben, denn wie sonst sollen sich Extremsportler über Wasser halten. Wenn sie eben nicht immer wieder aufbrechen, um die Komfortzone zu verlassen?

    Manche scheitern, weil der Lebenswille und eine realistische Einschätzung der Verhältnisse am Ende doch den Ausschlag geben, das gesetzte Ziel nicht zu erreichen und einen Lebenstraum ad acta zu legen. Für Hilaree O´Neil in dem Film „Down To Nothing“ wohl für immer und ob am Ende die beschworene Freundschaft der Expeditionsteilnehmer den Egoismus der Einzelnen und das Scheitern einer Vision überleben, sei dahingestellt wie das Fragezeichen, das über den Köpfen des kritischen Publikums im Raum schwebt.

    Andere werden es wieder versuchen, wie David Lama am Lunag Ri. Dann sicher ohne seinen Begleiter, dieamerikanischen Kletter- und Bergsteigerlegende Conrad Anker, der älter ist, als David Lamas Vater.

    Genau darin liegt der Spannungsbogen der diesjährigen EOFT. Man weiß nicht, wie die Geschichten am Ende ausgehen. Happy End oder alle Strapazen umsonst. Außer im Film „When We Were Knights“, in dem schnell deutlich wird, dass einer der beiden Protagonisten nur im Brief seines Freundes existent ist. Die Ausnahme bildet „Adventures Of The Dodo“, der einen versöhnlich-beschwingten Abschluss des Abends bringt.

    Zu keinem Zeitpunkt kommen Zweifel an der tatsächlichen Freundschaft der vier Kletterfreaks und ihres Captains auf. Sie haben keine Ziele und deswegen können sie auch nicht scheitern. Sie wollen Spaß, sie wollen ihr Abenteuer für sich erleben, nicht um jemanden etwas zu beweisen. Noch nicht einmal sich selbst, das haben sie wohl kaum nötig. Doch natürlich ist auch hier die Kamera der ständige Beobachter, die die Abenteuer und Sangeslust der lustigen Männertruppe mal weniger mal mehr aufwendig in Szene setzt.

    Die EOFT 2016/17 bringt Geschichten aus den entlegensten Zipfeln der Welt in unsere warme, helle Wohnstube oder ins Kino, von Regionen, die nicht für den Menschen gemacht sind. Sie sprengen die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft und suggerieren das Outdoorleben und Abenteuer, wie es nur wahre Helden führen und erleben können. Sie präsentieren Menschen, die über die Grenzen des Machbaren hinausgehen, die bereit sind, ihr Leben auf´s Spiel zu setzen. Doch immer ist die Kamera dabei.

    Ob bei der Kajak-Expedition entlang des Beriman River in Papua Neuguinea in dem Film „Locked In“ oder bei der Besteigung des höchsten Bergs in Südostasien in „Down To Nothing“, selbst wenn die Nahrung sich dem Ende neigt und wichtige Ausrüstung verloren geht, den Kameras gehen selten die Lichter aus. Der Kampf gegen die Natur wird mit dem ganzen Spektrum an technischen Hilfsmitteln gekonnt in Szene gesetzt und lässt dem Menschen seine Risikobereitschaft, um ein Publikum zu unterhalten.

    Es wird sie immer geben, die Abenteurer, Entdecker, Forschungsreisenden, die ihre Komfortzone verlassen, ihr Leben auf´s Spiel setzen, ihrem ganz eigenen Flow folgen, aber sollten wir nicht einmal darüber nachdenken, ob von der Risikobereitschaft Sponsorengelder abhängig sein sollten, weil diese wiederum den Voyeurismus eines Publikums befriedigen? Die Lebenszeit ist das höchste Gut eines Menschen, mit der kein Publikum spielen sollte. Vielleicht hat mir deswegen „Adventures Of The Dodo“ am besten gefallen. Weil dieser Film schlichtweg zwei Faktoren widerspiegelt und transportiert: Die Freundschaft und die Lebenslust.

    Die European Outdoor Film Tour ist noch bis Mitte Februar in Deutschland unterwegs. Alle Termine unter eoft.eu/de/

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