Als eingefleischter Outdoorsportler, als Bergwanderer und Ultratrailer, als echter Naturmensch ist ein Fitness-Studio wie ein Käfig, in dem man sich selbst zum Rotieren verdammt. Seitdem der Sport und die Natur mein Leben bestimmen, habe ich keinen Fuß in ein Studio für Bewegungswillige, Abnehmfreaks, Muskelmänner und Gesundheitswillige betreten. Bis mich eine harmlose Verletzung aus dem gewohnten Gleis warf.

    Bänderriss, Knöchelbruch – an Laufen und Rad fahren war wochenlang nicht zu denken. Statt regelmäßiger Spaziergänge mit den Hunden, Beine hoch legen im Sessel. Indoorsitting statt Outdoorsport. Mit etwas Selbstüberwindung habe ich schließlich alle inneren Hürden übersprungen und ließ mich ein auf das Abenteuer Fitness-Studio. Eine Alternative?

    Im Dschungel der Studioanbieter wurde ich selbst in der Nähe meines Heimatdorfes zunächst einmal zum Dschungelkönig. Durchkämpfen hieß die Parole und am Ende landete ich in einem „Gesundheitszentrum“, auch in der Hoffnung, die anschließend verordnete Physiotherapie in einem Abwasch organisieren zu können. Doch so weit ausgebildet waren die Fitnesstrainer dann doch nicht. Aufschub wollte ich mir nicht länger gönnen und so entschloss ich mich blitzschnell zu einem Vertragsabschluss für „normale Mitglieder“, denn den durch die Krankenkassen so bereitwillig akzeptierten Reha-Maßnahmen mit einer satten Ersparnis wollte nicht nur mein ehrlicher und äußerst kompetenter Hausarzt nicht zustimmen. Selbst ich hegte Skrupel angesichts der Behandlungen von Kassenpatienten. Es gibt sicherlich viele andere Menschen, die das Geld notwendiger bräuchten als jemand wie ich. Also satte 80 Euro pro Monat investiert und schnell konnte es losgehen mit dem personalisierten Trainingsplan.

    Die Bilanz nach 2 Monaten sah bitterlich auf der Waage aus: Statt Gewicht halten oder einer leichten Zunahme schlugen satte 6 Kilo mehr auf der Waage an. Nach 4 Wochen Stillstand und 8 Wochen Studio eine durchaus beunruhigende Bilanz. Ich beruhigte mich wieder. Schließlich baut man ja auch Muskelmasse auf und die wiegt gar nicht so leicht und schließlich folgte anschließend ja noch die Trainingsumstellung.

    Was mir schon in den ersten Tagen gefiel, war das Krafttraining. Das hatte ich bislang zugegebenermaßen komplett vernachlässigt. „Na, welcher Muskel arbeitet denn jetzt für Dich?“ „Guten Tag, ich bin der und der“ – die Sprüche meiner Ansprechperson munterten mich auf statt mich zu frustrieren. Von Beginn des Trainings an erzählte ich ihm, dass mein Fokus sobald die Verletzung auskuriert wäre, wieder auf dem Lauftraining läge. „Jaja, wir können hier noch sehr viel machen“ lautete das immer wiederkehrende Statement. Und so begab ich mich schnellstens wieder auf´s Laufband – im Trainingsplan nicht vorgesehen – und walkte, fing an zu joggen, 10 Minuten, 15 Minuten, 30 Minuten, immer den Spruch meines Arztes im Ohr: „Sie haben schon alles kaputt gemacht, da können Sie nichts mehr falsch machen!“ Das hinterließ auch meinen Trainer wortlos.

    Ich folterte mich weiter: An Fitness-Geräten mit Namen wie Lat Machine, Total Abdominal und anderen äußerst interessanten Instrumenten mit noch interessanteren Bezeichnungen, ging über ins freie Training mit Hanteln, TRX, Zugseilen etc., absolvierte kurze Intervalle auf dem Ergometer und quälte mich trotz Knieprobleme, vehementen Rückenschmerzen und anderen Kleinigkeiten. Was ausblieb: Gewichtsreduktion. Zwei bis drei Mal pro Woche Studio – schließlich hatte ich dafür bezahlt, doch zum Glück gelangen auch wieder die halbwegs schmerzfreien Laufeinheiten im Gelände. Während mein neuer Herzmonitor mir bei Laufeinheiten von einer Stunde und ein paar Minuten einen Kalorienverbrauch von rund 700 oder 800 Kalorien anzeigte, kam ich nach 1:30h Krafttraining im Studio mit gerade mal 300 von dannen. Der Bauch ging nicht weg und wenn, dann schmolzen die Kalorien vom Laufen und vom Rad fahren auf der Rolle. „Wie sieht´s denn mit der Ernährung aus?“ frage mich mein Trainer mit Falten auf der Stirn. Diese Antwort bleibe ich ihm bis heute schuldig.

    Nach 4 Monaten Fitness-Studio reduziert sich mein Gewicht langsam, der Bauch wird weniger, aber diese Erfolge schreibe ich eher dem wiedergewonnennen Freiheitsgefühl beim Laufen zu und den Kilometern auf der Rolle. Ich habe Muskulatur aufgebaut, gehe aufrecht und weiß endlich, was es heißt, wenn von Körperspannung die Rede ist. Trotzdem weiß ich heute, dass ich mit einem dezidierten Training – beispielsweise in einer Physiotherapiepraxis besser aufgehoben wäre. Jedenfalls dort, wo für Körperspannung auf der einen Seite, aber auch auf die individuellen Bedürfnisse und vor allem Probleme noch mehr Rücksicht genommen werden könnte.

    So sind meine Tage im „Gesundheitszentrum“ gezählt. Die 80 Euro Monatsbeitrag waren eine gute Investition in eine wichtige Erfahrung, aber als tatsächliche Alternative zum Outdoorsport konnte mich das Fitness-Studio nicht wirklich überzeugen. Dazu bewege ich mich einfach zu gerne unter freiem Himmel. Ohne Gruppenzwang, ohne in schwitzende Gesichter schauen zu müssen und ohne mich darüber zu wundern, warum manche langjährigen Mitglieder immer noch auf der Stelle stehen zu bleiben scheinen. Doch besser, die bekommen den Hintern vom Sofa hoch und trainieren im Studio unter professioneller Anleitung, als gar kein Sport und wer weiß, vielleicht befinden sie sich ja auch noch im Aufbautraining….

    2 Kommentare
    • Antworten Wolfgang Solleder

      21. Dezember 2015, 16:55

      Hallo Herr Bajohr,

      ein interessanter Artikel!

      Wir haben ein Bewegungskonzept -die SENSO ZONE ins Leben gerufen, was Ihnen vielleicht mehr Spass gemacht hätte und Ihrem natürlichen Bewegungsdrang auch gerecht geworden wäre. Zudem hätte Sie ein professionelles sensomotorisches Training viel schneller wieder „ins Spiel“ gebracht.
      Vielleicht interessiert Sie das Thema… ? Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
      Mit sportlichen Grüßen
      Wolfgang Solleder
      http://www.wow2sports.de

    • Antworten Harald Bajohr

      23. Dezember 2015, 14:13

      Vielen Dank Herr Solleder für Ihren Kommentar. Gerne melde ich mich bezüglich weiterer Informationen zeitnah wieder bei Ihnen. Jetzt wünsche ich Ihnen erst einmal ein schönes Weihnachtsfest!

    Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!